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   VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19   

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VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19 (https://dejure.org/2020,47446)
VGH Baden-Württemberg, Entscheidung vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 (https://dejure.org/2020,47446)
VGH Baden-Württemberg, Entscheidung vom 16. Dezember 2020 - 11 S 955/19 (https://dejure.org/2020,47446)
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Volltextveröffentlichungen (4)

  • openjur.de
  • Justiz Baden-Württemberg

    Art 2 EU, Art 3 EU, Art 21 AEUV, Art 83 Abs 1 AEUV, Art 16 EGRL 38/2004
    Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt wegen Straftaten aus dem Bereich des Terrorismus

  • rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)
  • juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)

Sonstiges

  • VGH Baden-Württemberg (Verfahrensmitteilung)

    A. gegen Land Baden-Württemberg wegen Verlust des Freizügigkeitsrechts

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Wird zitiert von ... (11)Neu Zitiert selbst (49)

  • EuGH, 15.03.2018 - C-355/16

    Picart

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19
    Da dieses Schutzniveau nur ein Unionsbürger erlangt, der im Vorfeld die Voraussetzungen für die Entstehung eines Daueraufenthaltsrechts gemäß § 4a FreizügG/EU (Art. 16 RL 2004/38/EG) erfüllt und damit in den Genuss des Schutzniveaus gemäß § 6 Abs. 4 FreizügG/EU (Art. 28 Abs. 2 RL 2004/38/EG) kommt (EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 73 ff., und vom 17.04.2018 - C-316/16 und C-424/16 -, Rn. 40 ff.), sind auch der Bestand eines Daueraufenthaltsrechts und die damit verbundenen Gewährleistungen des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU zum Zeitpunkt des Erlasses der Verlustfeststellung zu beurteilen (vgl. Kurzidem, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, 27. Ed. 01.10.2020, § 6 FreizügG/EU Rn. 17).

    Die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 6 Abs. 1 FreizügG/EU setzt voraus, dass das persönliche Verhalten des Unionsbürgers eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit begründet, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. Art. 27 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UA 2 Satz 1 RL 2004/38/EG; EuGH, Urteil vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 52 und 65).

    Ein Grundinteresse der Gesellschaft kann insbesondere bei einer mit den in Art. 2 und 3 EUV genannten Grundwerten wie der Menschenwürde und den Menschenrechten unvereinbaren Haltung des Betroffenen, unter den in Art. 12 Abs. 2 RL 2011/95/EU genannten Umständen sowie in den in Art. 83 Abs. 1 UA 2 AEUV genannten Kriminalitätsbereichen berührt sein, aber auch in anderen Fällen erheblichen strafrechtlichen Fehlverhaltens (vgl. EuGH, Urteil vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 41 ff., vom 04.10.2007 - C-349/06 -, Rn. 35; OVG Bremen, Urteil vom 30.09.2020 - 2 LC 166/20 -, juris Rn. 51; Bay. VGH, Beschlüsse vom 12.11.2019 - 10 ZB 18.2467 -, juris Rn. 7, vom 15.10.2019 - 19 ZB 19.914 -, juris Rn. 9 f., und vom 10.07.2017 - 19 ZB 15.1916 -, juris Rn. 15; Thür.

    Die äußere Sicherheit kann insbesondere durch die Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen oder der militärischen Interessen dieses Mitgliedstaats oder des friedlichen Zusammenlebens der Völker beeinträchtigt sein (vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 42, vom 08.05.2018 - C-82/16 -, Rn. 91, vom 13.09.2016 - C-304/14 -, Rn. 39, vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 83, vom 15.02.2016 - C-601/15 PPU -, Rn. 65 f., vom 22.05.2012 - C-348/09 -, Rn. 33, vom 23.11.2010 - C-145/09 -, Rn. 43 f., und vom 26.11.2002 - C-100/01 -, Rn. 12 und 35).

    Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, insbesondere die einer strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Umstände, die Entwicklung des Betroffenen nach der Tat, seine Persönlichkeit und seine Lebensumstände sowie das Gewicht der in Rede stehenden Rechtsgüter (vgl. EuGH, Urteil vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 66; BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, juris Rn. 40; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 11).

    Ausgeschlossen ist damit eine Verlustfeststellung, die als automatische Folge einer strafrechtlichen Verurteilung (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU) oder einer sonstigen Sanktion verfügt wird, ohne das persönliche Verhalten des Betroffenen oder die von ihm ausgehende Gefahr zu berücksichtigen (vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 41 ff., und vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 59 ff.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 26).

    Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht davon aus, dass die für Einschränkungen von Aufenthaltsrechten erforderliche erhebliche Gefahr keine statische Wahrscheinlichkeit bedeutet, sondern dass in jedem Einzelfall auch der Grad der aktuellen Gefährlichkeit des Betroffenen zu ermitteln ist (EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 70, vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 86, vom 08.05.2018 - C-82/16 -, Rn. 94, und vom 13.09.2016 - C-304/14 -, Rn. 42), was eine Dynamik dieses Gefahrengrads impliziert.

    Das Erfordernis einer Ermessensentscheidung setzt die unionsrechtliche Anforderung um, unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Grundrechte die Gefahr, die das persönliche Verhalten des Unionsbürgers darstellt, gegen den Schutz der diesem nach der Richtlinie 2004/38/EG zustehenden Rechte abzuwägen (vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 62, vom 22.05.2012 - C-348/09 -, Rn. 34, und vom 29.04.2004 - C-482/01 und C-493/01 -, Rn. 99).

  • EuGH, 02.05.2018 - C-331/16

    Die Erforderlichkeit einer Beschränkung der Freizügigkeit und des

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19
    Da dieses Schutzniveau nur ein Unionsbürger erlangt, der im Vorfeld die Voraussetzungen für die Entstehung eines Daueraufenthaltsrechts gemäß § 4a FreizügG/EU (Art. 16 RL 2004/38/EG) erfüllt und damit in den Genuss des Schutzniveaus gemäß § 6 Abs. 4 FreizügG/EU (Art. 28 Abs. 2 RL 2004/38/EG) kommt (EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 73 ff., und vom 17.04.2018 - C-316/16 und C-424/16 -, Rn. 40 ff.), sind auch der Bestand eines Daueraufenthaltsrechts und die damit verbundenen Gewährleistungen des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU zum Zeitpunkt des Erlasses der Verlustfeststellung zu beurteilen (vgl. Kurzidem, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, 27. Ed. 01.10.2020, § 6 FreizügG/EU Rn. 17).

    Die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 6 Abs. 1 FreizügG/EU setzt voraus, dass das persönliche Verhalten des Unionsbürgers eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit begründet, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. Art. 27 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UA 2 Satz 1 RL 2004/38/EG; EuGH, Urteil vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 52 und 65).

    Ein Grundinteresse der Gesellschaft kann insbesondere bei einer mit den in Art. 2 und 3 EUV genannten Grundwerten wie der Menschenwürde und den Menschenrechten unvereinbaren Haltung des Betroffenen, unter den in Art. 12 Abs. 2 RL 2011/95/EU genannten Umständen sowie in den in Art. 83 Abs. 1 UA 2 AEUV genannten Kriminalitätsbereichen berührt sein, aber auch in anderen Fällen erheblichen strafrechtlichen Fehlverhaltens (vgl. EuGH, Urteil vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 41 ff., vom 04.10.2007 - C-349/06 -, Rn. 35; OVG Bremen, Urteil vom 30.09.2020 - 2 LC 166/20 -, juris Rn. 51; Bay. VGH, Beschlüsse vom 12.11.2019 - 10 ZB 18.2467 -, juris Rn. 7, vom 15.10.2019 - 19 ZB 19.914 -, juris Rn. 9 f., und vom 10.07.2017 - 19 ZB 15.1916 -, juris Rn. 15; Thür.

    Die äußere Sicherheit kann insbesondere durch die Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen oder der militärischen Interessen dieses Mitgliedstaats oder des friedlichen Zusammenlebens der Völker beeinträchtigt sein (vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 42, vom 08.05.2018 - C-82/16 -, Rn. 91, vom 13.09.2016 - C-304/14 -, Rn. 39, vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 83, vom 15.02.2016 - C-601/15 PPU -, Rn. 65 f., vom 22.05.2012 - C-348/09 -, Rn. 33, vom 23.11.2010 - C-145/09 -, Rn. 43 f., und vom 26.11.2002 - C-100/01 -, Rn. 12 und 35).

    Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, insbesondere die einer strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Umstände, die Entwicklung des Betroffenen nach der Tat, seine Persönlichkeit und seine Lebensumstände sowie das Gewicht der in Rede stehenden Rechtsgüter (vgl. EuGH, Urteil vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 66; BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, juris Rn. 40; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 11).

    Ausgeschlossen ist damit eine Verlustfeststellung, die als automatische Folge einer strafrechtlichen Verurteilung (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU) oder einer sonstigen Sanktion verfügt wird, ohne das persönliche Verhalten des Betroffenen oder die von ihm ausgehende Gefahr zu berücksichtigen (vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 41 ff., und vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 59 ff.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 26).

    Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht davon aus, dass die für Einschränkungen von Aufenthaltsrechten erforderliche erhebliche Gefahr keine statische Wahrscheinlichkeit bedeutet, sondern dass in jedem Einzelfall auch der Grad der aktuellen Gefährlichkeit des Betroffenen zu ermitteln ist (EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 70, vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 86, vom 08.05.2018 - C-82/16 -, Rn. 94, und vom 13.09.2016 - C-304/14 -, Rn. 42), was eine Dynamik dieses Gefahrengrads impliziert.

    Das Erfordernis einer Ermessensentscheidung setzt die unionsrechtliche Anforderung um, unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Grundrechte die Gefahr, die das persönliche Verhalten des Unionsbürgers darstellt, gegen den Schutz der diesem nach der Richtlinie 2004/38/EG zustehenden Rechte abzuwägen (vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 62, vom 22.05.2012 - C-348/09 -, Rn. 34, und vom 29.04.2004 - C-482/01 und C-493/01 -, Rn. 99).

  • BVerwG, 03.08.2004 - 1 C 30.02

    Aufenthaltserlaubnis; Ausweisung; freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger;

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19
    Für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Verlustfeststellung gemäß § 6 FreizügG/EU ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich, soweit die nach dieser Bestimmung erforderliche Gefahrenprognose betroffen ist (vgl. EuGH, Urteile vom 17.04.2018 - C-316/16 und C-424/16 -, Rn. 91 ff., und vom 29.04.2004 - C-482/01 und C-493/01-, Rn. 79 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 11; siehe auch BVerwG, Urteile vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, juris Rn. 10, vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16, und vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 28).

    Sie sind unionsrechtlich auszulegen, da sie der Umsetzung der Richtlinie 2004/38/EG dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 22).

    Sie haben spezifische unionsrechtliche Bedeutungen und sind daher nicht mit den im deutschen nationalen Gefahrenabwehrrecht enthaltenen Begriffen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gleichzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 24).

    Zum Begriff der öffentlichen Ordnung als Beschränkung des Freizügigkeitsrechts aus Art. 21 AEUV und speziell im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass er eine Gesetzesverletzung voraussetzt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. EuGH, Urteile vom 12.12.2019 - C-380/18 -, Rn. 29, vom 05.06.2018 - C-673/16 -, Rn. 44, vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 83, und vom 29.04.2004, - C-482/01 und C-493/01 -, Rn. 66 f.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, Rn. 24).

    Diese Feststellung erfordert eine zum maßgeblichen Zeitpunkt aktuelle Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 25).

    Ausgeschlossen ist damit eine Verlustfeststellung, die als automatische Folge einer strafrechtlichen Verurteilung (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU) oder einer sonstigen Sanktion verfügt wird, ohne das persönliche Verhalten des Betroffenen oder die von ihm ausgehende Gefahr zu berücksichtigen (vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 41 ff., und vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 59 ff.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 26).

    Es gilt ein differenzierender, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris Rn. 16, und vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 26; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 7).

    c) Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Verlustfeststellung erfüllt, hat die Ausländerbehörde gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU ("kann") eine Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, Rn. 19, 27; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.11.2018 - 11 S 2019/18 -, juris Rn. 18; OVG Bremen, Urteil vom 30.09.2020 - 2 LC 166/20 -, juris Rn. 53).

  • BVerwG, 15.01.2013 - 1 C 10.12

    Ausweisung; Türkei; Assoziationsrecht; assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht;

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19
    Das gilt auch für Entscheidungen über die Strafaussetzung nach § 56 und § 57 StGB (BVerfG, Beschluss vom 19.10.2016 - 2 BvR 1943/16 -, juris Rn. 21; BVerwG, Urteil vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris Rn. 18; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.03.2020 - 11 S 2293/18 -, juris Rn. 24).

    Auch im Übrigen genügt der bloße Verweis auf eine strafgerichtliche Beurteilung der Wiederholungsgefahr verbunden mit der Prüfung, ob diese offenkundig fehlerhaft oder durch das zwischenzeitliche Verhalten des Betroffenen überholt ist, den Anforderungen an die ausländerrechtlich gebotene Gefahrenprognose nicht (BVerwG, Urteil vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris Rn. 21).

    Es gilt ein differenzierender, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris Rn. 16, und vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 26; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 7).

    Wegen der grundlegenden Bedeutung des Freizügigkeitsrechts aus Art. 21 AEUV und mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen, wie dargelegt, an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris Rn. 16, vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 18, vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 -, juris Rn. 16, und vom 07.12.1999 - 1 C 13.99 -, juris Rn. 20).

    Auch bei hochrangigen Rechtsgütern begründet daher nicht schon jede nur entfernte Möglichkeit oder eine nur potentielle Gefahr eine hinreichend schwere bzw. erhebliche Gefahr (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris Rn. 16).

  • EuGH, 13.09.2016 - C-165/14

    Das Unionsrecht gestattet es nicht, einem für einen minderjährigen Unionsbürger

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19
    Zum Begriff der öffentlichen Ordnung als Beschränkung des Freizügigkeitsrechts aus Art. 21 AEUV und speziell im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass er eine Gesetzesverletzung voraussetzt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. EuGH, Urteile vom 12.12.2019 - C-380/18 -, Rn. 29, vom 05.06.2018 - C-673/16 -, Rn. 44, vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 83, und vom 29.04.2004, - C-482/01 und C-493/01 -, Rn. 66 f.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, Rn. 24).

    Die äußere Sicherheit kann insbesondere durch die Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen oder der militärischen Interessen dieses Mitgliedstaats oder des friedlichen Zusammenlebens der Völker beeinträchtigt sein (vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 42, vom 08.05.2018 - C-82/16 -, Rn. 91, vom 13.09.2016 - C-304/14 -, Rn. 39, vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 83, vom 15.02.2016 - C-601/15 PPU -, Rn. 65 f., vom 22.05.2012 - C-348/09 -, Rn. 33, vom 23.11.2010 - C-145/09 -, Rn. 43 f., und vom 26.11.2002 - C-100/01 -, Rn. 12 und 35).

    Ausgeschlossen ist damit eine Verlustfeststellung, die als automatische Folge einer strafrechtlichen Verurteilung (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU) oder einer sonstigen Sanktion verfügt wird, ohne das persönliche Verhalten des Betroffenen oder die von ihm ausgehende Gefahr zu berücksichtigen (vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 41 ff., und vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 59 ff.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 26).

    Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht davon aus, dass die für Einschränkungen von Aufenthaltsrechten erforderliche erhebliche Gefahr keine statische Wahrscheinlichkeit bedeutet, sondern dass in jedem Einzelfall auch der Grad der aktuellen Gefährlichkeit des Betroffenen zu ermitteln ist (EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 70, vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 86, vom 08.05.2018 - C-82/16 -, Rn. 94, und vom 13.09.2016 - C-304/14 -, Rn. 42), was eine Dynamik dieses Gefahrengrads impliziert.

  • VGH Baden-Württemberg, 21.01.2020 - 11 S 3477/19

    Einstweiliger Rechtsschutz gegen Einreise- und Aufenthaltsverbot im Falle der

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19
    Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, insbesondere die einer strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Umstände, die Entwicklung des Betroffenen nach der Tat, seine Persönlichkeit und seine Lebensumstände sowie das Gewicht der in Rede stehenden Rechtsgüter (vgl. EuGH, Urteil vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 66; BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, juris Rn. 40; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 11).

    Das entspricht der Rechtsprechung des Senats zu § 53 Abs. 1 AufenthG (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, juris Rn. 39) und trifft auch für die Verlustfeststellung gemäß § 6 FreizügG/EU zu (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.04.2018 - 11 S 428/18 -, juris Rn. 10; zur früheren anderslautenden Rechtsprechung des Senats siehe Urteil vom 07.03.2012 - 11 S 3269/11 -, juris Rn. 52).

    Abschiebungsandrohung und Einreise- und Aufenthaltsverbot haben, wenn sie nicht isoliert, sondern als Annex zu den sie bedingenden Grundmaßnahmen angegriffen werden, keine eigenständige Bedeutung für die Streitwertfestsetzung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.05.2020 - 1 VR 2.19 -, juris Rn. 18; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, juris Rn. 104).

  • EuGH, 29.04.2004 - C-482/01

    Orfanopoulos

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19
    Für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Verlustfeststellung gemäß § 6 FreizügG/EU ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich, soweit die nach dieser Bestimmung erforderliche Gefahrenprognose betroffen ist (vgl. EuGH, Urteile vom 17.04.2018 - C-316/16 und C-424/16 -, Rn. 91 ff., und vom 29.04.2004 - C-482/01 und C-493/01-, Rn. 79 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 11; siehe auch BVerwG, Urteile vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, juris Rn. 10, vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16, und vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 28).

    Zum Begriff der öffentlichen Ordnung als Beschränkung des Freizügigkeitsrechts aus Art. 21 AEUV und speziell im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass er eine Gesetzesverletzung voraussetzt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. EuGH, Urteile vom 12.12.2019 - C-380/18 -, Rn. 29, vom 05.06.2018 - C-673/16 -, Rn. 44, vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 83, und vom 29.04.2004, - C-482/01 und C-493/01 -, Rn. 66 f.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, Rn. 24).

    Das Erfordernis einer Ermessensentscheidung setzt die unionsrechtliche Anforderung um, unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Grundrechte die Gefahr, die das persönliche Verhalten des Unionsbürgers darstellt, gegen den Schutz der diesem nach der Richtlinie 2004/38/EG zustehenden Rechte abzuwägen (vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 62, vom 22.05.2012 - C-348/09 -, Rn. 34, und vom 29.04.2004 - C-482/01 und C-493/01 -, Rn. 99).

  • EuGH, 12.12.2019 - C-380/18

    E.P. (Menace pour l'ordre public) - Vorlage zur Vorabentscheidung -

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19
    Für die Bestimmung ihrer Tragweite sind daher Wortlaut und Kontext der jeweiligen Vorschriften, die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden, sowie deren Entstehungsgeschichte zu berücksichtigen (vgl. EuGH, Urteile vom 12.12.2019 - C-381/18 und C-382/18 -, Rn. 54 f., und vom 12.12.2019 - C-380/18 -, Rn. 28 ff.).

    Zum Begriff der öffentlichen Ordnung als Beschränkung des Freizügigkeitsrechts aus Art. 21 AEUV und speziell im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass er eine Gesetzesverletzung voraussetzt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. EuGH, Urteile vom 12.12.2019 - C-380/18 -, Rn. 29, vom 05.06.2018 - C-673/16 -, Rn. 44, vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 83, und vom 29.04.2004, - C-482/01 und C-493/01 -, Rn. 66 f.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, Rn. 24).

    Nur potentielle Gefahren sind danach nicht ausreichend für den Verlust des Freizügigkeitsrechts (vgl. EuGH, Urteile vom 02.04.2020 - C-715/17, C-718/17 und C-719/17 -, Rn. 157, vom 12.12.2019 - C-380/18 -, Rn. 29 und 32, und vom 04.04.2017 - C-544/15 -, Rn. 40).

  • VGH Bayern, 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171

    Feststellung des Verlust des Rechts auf Einreise und Freizügigkeit

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19
    Für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Verlustfeststellung gemäß § 6 FreizügG/EU ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich, soweit die nach dieser Bestimmung erforderliche Gefahrenprognose betroffen ist (vgl. EuGH, Urteile vom 17.04.2018 - C-316/16 und C-424/16 -, Rn. 91 ff., und vom 29.04.2004 - C-482/01 und C-493/01-, Rn. 79 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 11; siehe auch BVerwG, Urteile vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, juris Rn. 10, vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16, und vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 28).

    Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, insbesondere die einer strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Umstände, die Entwicklung des Betroffenen nach der Tat, seine Persönlichkeit und seine Lebensumstände sowie das Gewicht der in Rede stehenden Rechtsgüter (vgl. EuGH, Urteil vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 66; BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, juris Rn. 40; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 11).

    Es gilt ein differenzierender, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris Rn. 16, und vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 26; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 7).

  • EuGH, 17.04.2018 - C-316/16

    Der verstärkte Schutz vor Ausweisung ist u. a. an die Voraussetzung geknüpft,

    Auszug aus VGH Baden-Württemberg, 16.12.2020 - 11 S 955/19
    Für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Verlustfeststellung gemäß § 6 FreizügG/EU ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich, soweit die nach dieser Bestimmung erforderliche Gefahrenprognose betroffen ist (vgl. EuGH, Urteile vom 17.04.2018 - C-316/16 und C-424/16 -, Rn. 91 ff., und vom 29.04.2004 - C-482/01 und C-493/01-, Rn. 79 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 11; siehe auch BVerwG, Urteile vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, juris Rn. 10, vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16, und vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 28).

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist für die Frage, ob eine Person ihren "Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat" im Sine des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU (Art. 28 Abs. 3 Buchst. a RL 2004/38/EG) gehabt hat, auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die ursprüngliche Ausweisungsverfügung ergangen ist (EuGH, Urteil vom 17.04.2018 - C-316/16 und C-424/16 -, Rn. 95; siehe auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.11.2018 - 11 S 2019/18 -, juris Rn. 7).

    Da dieses Schutzniveau nur ein Unionsbürger erlangt, der im Vorfeld die Voraussetzungen für die Entstehung eines Daueraufenthaltsrechts gemäß § 4a FreizügG/EU (Art. 16 RL 2004/38/EG) erfüllt und damit in den Genuss des Schutzniveaus gemäß § 6 Abs. 4 FreizügG/EU (Art. 28 Abs. 2 RL 2004/38/EG) kommt (EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 73 ff., und vom 17.04.2018 - C-316/16 und C-424/16 -, Rn. 40 ff.), sind auch der Bestand eines Daueraufenthaltsrechts und die damit verbundenen Gewährleistungen des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU zum Zeitpunkt des Erlasses der Verlustfeststellung zu beurteilen (vgl. Kurzidem, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, 27. Ed. 01.10.2020, § 6 FreizügG/EU Rn. 17).

  • EuGH, 08.05.2018 - C-82/16

    K.A. u.a. (Regroupement familial en Belgique) - Vorlage zur Vorabentscheidung -

  • BVerfG, 19.10.2016 - 2 BvR 1943/16

    Verfassungsbeschwerde gegen die Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland

  • EuGH, 22.05.2012 - C-348/09

    Straftaten im Bereich besonders schwerer Kriminalität, die im Vertrag über die

  • EuGH, 13.09.2016 - C-304/14

    CS - Vorlage zur Vorabentscheidung - Unionsbürgerschaft - Art. 20 AEUV -

  • OVG Bremen, 30.09.2020 - 2 LC 166/20

    Ausländerrecht; Freizügigkeitsrecht; Verlustfeststellung - Abschiebungsandrohung;

  • OVG Niedersachsen, 05.09.2019 - 13 ME 278/19

    Beschwerde; Freizügigkeitsrecht; schwerwiegende Gründe der öffentlichen

  • VGH Baden-Württemberg, 12.04.2018 - 11 S 428/18

    Ausweisung eines EU-Bürgers bei besonders schweren Straftaten; Streitwert

  • BVerwG, 04.10.2012 - 1 C 13.11

    Ausweisung; türkischer Staatsangehöriger; Assoziationsrecht;

  • VGH Baden-Württemberg, 21.11.2018 - 11 S 2019/18

    EU-Bürger; Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im

  • EuGH, 05.06.2018 - C-673/16

    Der Begriff "Ehegatte" im Sinne der unionsrechtlichen Bestimmungen über die

  • EuGH, 15.02.2016 - C-601/15

    Das Unionsrecht gestattet die Inhaftierung eines Asylbewerbers, wenn dies aus

  • EuGH, 02.04.2020 - C-715/17

    Durch die Weigerung, den vorübergehenden Mechanismus zur Umsiedlung von

  • BVerwG, 10.07.2012 - 1 C 19.11

    Antrag; Äquivalenzgrundsatz; Assoziationsrecht; assoziationsrechtliches

  • EuGH, 23.11.2010 - C-145/09

    Tsakouridis - Freizügigkeit - Richtlinie 2004/38/EG - Art. 16 Abs. 4 und Art. 28

  • EuGH, 24.06.2015 - C-373/13

    T. - Vorlage zur Vorabentscheidung - Raum der Freiheit, der Sicherheit und des

  • BVerfG, 27.08.2010 - 2 BvR 130/10

    Anforderungen an die Berücksichtigung neuer Tatsachen bei der Gewährung von

  • BVerwG, 07.12.1999 - 1 C 13.99

    Aufenthaltserlaubnis-EG; Ausreise; Ausweisungsverfügung; Ausweisungswirkungen;

  • EuGH, 04.04.2017 - C-544/15

    Die nationalen Behörden können einer iranischen Staatsangehörigen, die

  • BVerwG, 11.09.2015 - 1 B 39.15

    Zeitpunkt der Verlustfeststellung; Verlustfeststellung während Strafhaft;

  • EuGH, 04.10.2007 - C-349/06

    Polat - Assoziierungsabkommen EWG-Türkei - Art. 59 des Zusatzprotokolls - Art. 7

  • EuGH, 26.11.2002 - C-100/01

    Oteiza Olazabal

  • VGH Baden-Württemberg, 07.03.2012 - 11 S 3269/11

    Zum Ausweisungsschutz für assoziationsrechtlich geschützten türkischen

  • VGH Baden-Württemberg, 02.03.2020 - 11 S 2293/18

    Verfassungs- und völkerrechtlicher Schutz faktischer Inländer im

  • BVerwG, 28.05.2020 - 1 VR 2.19

    Abschiebung; Abschiebungsanordnung; Ausschlussfrist; Eilrechtsschutz;

  • VGH Baden-Württemberg, 09.09.2016 - 11 S 1414/16

    Zum Streitwert für eine Anfechtungsklage gegen eine Verlustfeststellung nach § 6

  • VGH Bayern, 15.10.2019 - 19 ZB 19.914

    Verlust des Daueraufenthaltsrechts durch Abwesenheit

  • VGH Baden-Württemberg, 13.02.2020 - 12 S 3016/19

    EU-Freizügigkeit; Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und

  • BVerwG, 01.06.2017 - 1 B 102.17

    Voraussetzungen für die Einholung eines kriminalpsychologischen

  • VGH Bayern, 10.07.2017 - 19 ZB 15.1916

    Verlustfeststellung hinsichtlich eines polnischen Straftäters

  • OVG Saarland, 07.10.2019 - 2 A 357/18

    Drogenabhängiger, straffälliger Ausländer; Verlust des Freizügigkeitsrechts;

  • VGH Bayern, 15.10.2020 - 10 ZB 20.1584

    Verlust des Rechts auf Einreise und Freizügigkeit trotz kontinuierlichen

  • VGH Bayern, 12.11.2019 - 10 ZB 18.2467

    Verlust des Rechts auf Freizügigkeit eines EU-Bürgers wegen mehrfacher

  • OVG Thüringen, 10.11.2017 - 3 KO 462/11

    Verlust des EU-Freizügigkeitsrechts bei schwerwiegenden Straftaten

  • OVG Sachsen, 20.11.2017 - 3 B 54/17

    Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit; Gefahr für die öffentliche Ordnung;

  • OVG Bremen, 13.12.2017 - 1 B 257/17
  • BVerfG, 05.05.2020 - 2 BvR 859/15

    Beschlüsse der EZB zum Staatsanleihekaufprogramm kompetenzwidrig

  • BVerfG, 21.06.2016 - 2 BvR 2728/13

    Verfassungsbeschwerden und Organstreitverfahren gegen das OMT-Programm der

  • BVerwG, 25.03.2015 - 1 C 18.14

    Ausweisung; Befristung; Einreiseverbot; Feststellung des Verlusts des

  • EuGH, 12.12.2019 - C-381/18

    G.S. (Menace pour l'ordre public)

  • VGH Baden-Württemberg, 17.05.2021 - 11 S 800/19

    Klage gegen Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt;

    Für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Verlustfeststellung gemäß § 6 FreizügG/EU ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich, soweit die nach dieser Bestimmung erforderliche Gefahrenprognose betroffen ist (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 76; siehe dazu EuGH, Urteile vom 17.04.2018 - C-316/16 und C-424/16 -, Rn. 91 ff., und vom 29.04.2004 - C-482/01 und C-493/01 -, Rn. 79 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 11; siehe auch BVerwG, Urteile vom 25.03.2015 - 1 C 18.14 -, juris Rn. 10, vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16, und vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 28).

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist für die Frage, ob eine Person ihren "Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat" im Sinne des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU (Art. 28 Abs. 3 Buchst. a RL 2004/38/EG) gehabt hat, auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die ursprüngliche Ausweisungsverfügung ergangen ist (EuGH, Urteil vom 17.04.2018  - C-316/16 und C-424/16 -, Rn. 95; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 76; siehe auch Beschluss vom 21.11.2018 - 11 S 2019/18 -, juris Rn. 7).

    Die Tatbestandsvoraussetzungen sind dabei jeweils unionsrechtlich auszulegen, da sie der Umsetzung der Richtlinie 2004/38/EG dienen (vgl. hierzu grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 22; VGH Bad-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 77).

    Maßgeblich sind damit insbesondere Art. 27 ff. RL 2004/38/EG und die dazu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dessen Auslegung des Unionsrechts die nationalen Behörden und Gerichte grundsätzlich bindet (vgl. BVerfG, Urteile vom 05.05.2020 - 2 BvR 859/15 u.a. -, juris Rn. 112 f.; und vom 21.06.2016 - 2 BvR 2728/13 u.a. -, juris Rn. 158 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 77).

    Er hat eine spezifische unionsrechtliche Bedeutung und ist daher nicht mit dem im deutschen nationalen Gefahrenabwehrrecht enthaltenen Begriff der öffentlichen Sicherheit gleichzusetzen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 78).

    Diese Feststellung erfordert eine zum maßgeblichen Zeitpunkt aktuelle Gefahrenprognose (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 25; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 82).

    Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, insbesondere die einer strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Umstände, die Entwicklung des Betroffenen nach der Tat, seine Persönlichkeit und seine Lebensumstände sowie das Gewicht der in Rede stehenden Rechtsgüter (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 82, und Beschluss vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, juris Rn. 40; vgl. EuGH, Urteil vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 66; BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 8; Bay. VGH, Beschluss vom 23.07.2020 - 10 ZB 20.1171 -, juris Rn. 11).

    Ausgeschlossen ist damit eine Verlustfeststellung, die als automatische Folge einer strafrechtlichen Verurteilung (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU) oder einer sonstigen Sanktion verfügt wird, ohne das persönliche Verhalten des Betroffenen oder die von ihm ausgehende Gefahr zu berücksichtigen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 83; vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.2018 - C-331/16 und C-355/16 -, Rn. 41 ff., und vom 13.09.2016 - C-165/14 -, Rn. 59 ff.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, juris Rn. 26).

    Das entspricht der Rechtsprechung des Senats zu § 53 Abs. 1 AufenthG (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, juris Rn. 39) und trifft auch für die Verlustfeststellung gemäß § 6 FreizügG/EU zu (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 87, und Beschluss vom 12.04.2018 - 11 S 428/18 -, juris Rn. 10; zur früheren anderslautenden Rechtsprechung des Senats siehe Urteil vom 07.03.2012 - 11 S 3269/11 -, juris Rn. 52).

    Wegen der grundlegenden Bedeutung des Freizügigkeitsrechts aus Art. 21 AEUV und mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen, wie dargelegt, an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris Rn. 16, vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 18, vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 -, juris Rn. 16, und vom 07.12.1999 - 1 C 13.99 -, juris Rn. 20; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 88).

    Auch bei hochrangigen Rechtsgütern begründet daher nicht schon jede nur entfernte Möglichkeit oder eine nur potentielle Gefahr eine hinreichend schwere bzw. erhebliche Gefahr (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 -, juris Rn. 16; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 88).

    (3) Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Verlustfeststellung erfüllt, hat die Ausländerbehörde gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU ("kann") eine Ermessensentscheidung zu treffen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 89, und Beschluss vom 21.11.2018 - 11 S 2019/18 -, juris Rn. 18; vgl. BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, Rn. 19, 27; OVG Bremen, Urteil vom 30.09.2020 - 2 LC 166/20 -, juris Rn. 53).

    In Verwaltungsstreitverfahren über Verlustfeststellungen gemäß § 6 FreizügG/EU ist im Hauptsacheverfahren der Auffangstreitwert festzusetzen (BVerwG, Beschluss vom 01.06.2017 - 1 B 102.17 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 131, und Beschluss vom 13.02.2020 - 12 S 3016/19 -, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 15.10.2020 - 10 ZB 20.1584 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 07.10.2019 - 2 A 357/18 -, juris; vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 05.09.2019 - 13 ME 278/19 -, juris; OVG Bremen, Beschluss vom 13.12.2017 - 1 B 257/17 -, juris; Sächs. OVG, Beschluss vom 20.11.2017 - 3 B 54/17 -, juris).

    Abschiebungsandrohung und Einreise- und Aufenthaltsverbot haben, wenn sie nicht isoliert, sondern als Annex zu den sie bedingenden Grundmaßnahmen angegriffen werden, keine eigenständige Bedeutung für die Streitwertfestsetzung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.05.2020 - 1 VR 2.19 -, juris Rn. 18; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 132, und Beschluss vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, juris Rn. 104).

  • VG Aachen, 27.10.2022 - 8 K 3635/19

    Verlustfeststellung; Zuständigkeit bei Haftfällen; Anhörung nur auf deutsch;

    vgl. auch: EuGH, Urteil vom 2. Mai 2018 - C-331/16 u.a. (K.) -, juris, Rn. 52; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 11 S 955/19 -, juris, Rn. 77.

    vgl. BVerwG, Urteil vom 3. August 2004 - 1 C 30.02 -, juris, Rn. 25; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 11 S 955/19 -, juris, Rn. 82.

    vgl. EuGH, Urteil vom 2. Mai 2018 - C-331/16 u.a. (K.) -, juris, Rn. 58, 66; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 11 S 955/19 -, juris, Rn. 82 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 11. September 2015 - 1 B 39/15 -, juris, Rn. 8.

    vgl. EuGH, Urteil vom 2. Mai 2018 - C-331/16 u.a. (K.) -, juris, Rn. 41; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 11 S 955/19 -, juris, Rn. 85.

    vgl. EuGH, Urteil vom 2. April 2020 - C-715/17 u.a. (Kommission/Polen) -, juris, Rn. 157; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 11 S 955/19 -, juris, Rn. 86 m.w.N.

    vgl. BVerwG, Urteile vom 3. August 2004 - 1 C 30.02 -, juris, Rn. 25 und vom 15. Januar 2013 - 1 C 10.12 -, juris, Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 11 S 955/19 -, juris, Rn. 87.

    vgl. EuGH, Urteil vom 2. Mai 2018 - C-331/16 u.a. (K.) -, juris, Rn. 70; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 11 S 955/19 -, juris, Rn. 87.

    vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 11 S 955/19 -, juris, Rn. 88; entsprechend zu § 53 Abs. 3 AufenthG: BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2013 - 1 C 10.12 -, juris, Rn. 16.

    vgl. EuGH, Urteil vom 2. Mai 2018 - C-331/16 u.a. (K.) -, juris, Rn. 41 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 11 S 955/19 -, juris, Rn. 80 m.w.N.

  • VGH Baden-Württemberg, 02.01.2023 - 12 S 1841/22

    Generalpräventive Ausweisung eines Drittstaatsangehörigen, zu dessen Gunsten das

    So besteht die indizielle Wirkung einer strafgerichtlichen Prognose im Rahmen einer Entscheidung nach § 56 oder § 57 StGB nicht, wenn diese nicht nachvollziehbar begründet ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris Rn. 83; Bauer in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 14. Aufl. 2022, § 53 Rn. 55).
  • VG München, 26.07.2022 - M 4 K 22.995

    Verlustfeststellung der Freizügigkeit mit achtjähriger Wiedereinreisesperre

    Hingegen richtet sich die Beurteilung, ob der Unionsbürger einen gemäß § 6 Abs. 4 oder 5 FreizügG/EU erhöhten Ausweisungsschutz genießt, nach dem Zeitpunkt des Erlasses der Verlustfeststellung durch die Ausländerbehörde (VGH BW, U.v. 16.12.2020, a.a.O., m.w.N.).

    Zum Begriff der öffentlichen Ordnung als Beschränkung des Freizügigkeitsrechts aus Art. 21 AEUV und speziell im Sinne der RL 2004/38/EG geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor, dass er eine Gesetzesverletzung voraussetzt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (VGH BW, U.v. 16.12.2020 - 11 S 955/19 - juris Rn. 79).

    Ein Grundinteresse der Gesellschaft kann insbesondere bei einer mit den in Art. 2 und 3 EUV genannten Grundwerten wie der Menschenwürde und den Menschenrechten unvereinbaren Haltung des Betroffenen, unter den in Art. 12 Abs. 2 RL 2011/95/EU genannten Umständen sowie in den in Art. 83 Abs. 1 UA 2 AEUV genannten Kriminalitätsbereichen berührt sein, aber auch in anderen Fällen erheblichen strafrechtlichen Fehlverhaltens (VGH BW, U.v. 16.12.2020, a.a.O., juris Rn. 80 m.w.N.).

    Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, insbesondere die einer strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Umstände, die Entwicklung des Betroffenen nach der Tat, seine Persönlichkeit und seine Lebensumstände sowie das Gewicht der in Rede stehenden Rechtsgüter (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2020 - 11 S 955/19 - juris Rn. 82 m.w.N.).

    Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, insbesondere die einer strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Umstände, die Entwicklung des Betroffenen nach der Tat, seine Persönlichkeit und seine Lebensumstände sowie das Gewicht der in Rede stehenden Rechtsgüter (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2020 - 11 S 955/19 - juris Rn. 82 m.w.N.).

    Ausgeschlossen ist damit eine Verlustfeststellung, die als automatische Folge einer strafrechtlichen Verurteilung (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU) oder einer sonstigen Sanktion verfügt wird, ohne das persönliche Verhalten des Betroffenen oder die von ihm ausgehende Gefahr zu berücksichtigen (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2020 - 11 S 955/19 - juris Rn. 85 m.w.N.).

    Nur potentielle Gefahren sind danach nicht ausreichend für den Verlust des Freizügigkeitsrechts (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2020, a.a.O., juris Rn. 86).

    Dies trifft auch für die Verlustfeststellung gemäß § 6 FreizügG/EU zu (VGH BW, U.v. 16.12.2020, a.a.O., juris Rn. 87).

    Das gilt auch für Entscheidungen über die Strafaussetzung nach § 56 StGB und § 57 StGB (VGH BW, U.v. 16.12.2020, a.a.O., Rn. 83 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 19.10.2016 - 2 BvR 1943/16 - juris Rn. 21, allerdings zu § 36 Abs. 1 Satz 3 BtMG 1981).

    Dies ist für die Berührung eines Grundinteresses der Gesellschaft ausreichend (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2020 - 11 S 955/19 - juris Rn. 80 m.w.N.).

  • VG Sigmaringen, 06.07.2022 - 8 K 1689/20

    Vorliegen zwingender Gründe der öffentlichen Sicherheit i.S.v. § 6 Abs. 5 Satz 1

    Er hat eine spezifische unionsrechtliche Bedeutung und ist daher nicht mit dem im deutschen nationalen Gefahrenabwehrrecht enthaltenen Begriff der öffentlichen Sicherheit gleichzusetzen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Mai 2021, Az. 11 S 800/19, juris Rn. 111; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. 11 S 955/19, juris Rn. 78).

    Diese Feststellung erfordert im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine aktuelle Gefahrenprognose (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Mai 2021, Az. 11 S 800/19, juris Rn. 102, 103; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. 11 S 955/19).

    Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, insbesondere die einer strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Umstände, die Entwicklung des Betroffenen nach der Tat, seine Persönlichkeit und seine Lebensumstände sowie das Gewicht der in Rede stehenden Rechtsgüter (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Mai 2021, Az. 11 S 800/19, juris Rn. 119; VGH BadenWürttemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. 11 S 955/19, juris Rn. 82; vgl. EuGH, Urteil vom 02. Mai 2018 , Az. C-331/16 und C355/16, Rn. 66; BVerwG, Beschluss vom 11. September 2015, Az. 1 B 39/15, juris Rn. 8; Bayerischer VGH, Beschluss vom 23. Juli 2020, Az. X ZB 1171/20, juris Rn. 11).

    Es gilt ein differenzierender, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2013, Az. 1 C 10/12, juris Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 03. August 2004, Az. 1 C 30/02, juris Rn. 26; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Mai 2021, Az. 11 S 800/19, juris Rn. 122; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. 11 S 955/19, juris Rn. 87; Bayerischer VGH, Beschluss vom 23. Juli 2020, Az. X ZB 1171/20, juris Rn. 7).

    Wegen der grundlegenden Bedeutung des Freizügigkeitsrechts aus Art. 21 AEUV und mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen, wie dargelegt, an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2013, Az. 1 C 10/12, juris Rn. 16, BVerwG, Urteil vom 04. Oktober 2012, Az. 1 C 13/11, juris Rn. 18; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. 11 S 955/19, juris Rn. 88).

    Erforderlich und ausschlaggebend ist in jedem Fall die unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Bewertung des persönlichen Verhaltens des Unionsbürgers und die insoweit anzustellende aktuelle Gefährdungsprognose (BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2013, Az. 1 C 10.12, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. 11 S 955/19, juris Rn. 88; OVG Saarland, Urteil vom 30. April 2015, Az. 2 A 265/14).

    Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Verlustfeststellung erfüllt, hat die Ausländerbehörde gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU ("kann") eine Ermessensentscheidung zu treffen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Mai 2021, Az. 11 S 800/19, juris Rn. 124; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. 11 S 955/19, juris Rn. 89).

  • VG München, 18.07.2023 - M 4 K 20.595

    Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt wegen

    Dabei sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, insbesondere die einer strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Umstände, die Entwicklung des Betroffenen nach der Tat, seine Persönlichkeit und seine Lebensumstände sowie das Gewicht der in Rede stehenden Rechtsgüter (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2020 - 11 S 955/19 - juris Rn. 82 m.w.N.).

    Ausgeschlossen ist damit eine Verlustfeststellung, die als automatische Folge einer strafrechtlichen Verurteilung (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU) oder einer sonstigen Sanktion verfügt wird, ohne das persönliche Verhalten des Betroffenen oder die von ihm ausgehende Gefahr zu berücksichtigen (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2020 - 11 S 955/19 - juris Rn. 85 m.w.N.).

    Nur potentielle Gefahren sind danach nicht ausreichend für den Verlust des Freizügigkeitsrechts (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2020, a.a.O., juris Rn. 86).

    Dies trifft auch für die Verlustfeststellung gemäß § 6 FreizügG/EU zu (VGH BW, U.v. 16.12.2020, a.a.O., juris Rn. 87).

    Das gilt auch für Entscheidungen über die Strafaussetzung nach § 56 StGB und § 57 StGB (VGH BW, U.v. 16.12.2020, a.a.O., Rn. 83 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 19.10.2016 - 2 BvR 1943/16 - juris Rn. 21).

  • BVerwG, 16.12.2021 - 1 C 60.20

    Verlust eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts erfordert ermessensgerechte

    Etwas anderes gilt für Tatbestandsmerkmale, die - wie die Voraussetzungen des gesteigerten Ausweisungsschutzes nach § 6 Abs. 4 und 5 FreizügG/EU - nach dem materiellen Recht bereits bei Verfügung der Verlustfeststellung vorliegen müssen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. April 2018 - C-316/16 und C-424/16 - juris Rn. 84 ff.; VGH Mannheim, Urteil vom 16. Dezember 2020 - 11 S 955/19 -).
  • VGH Baden-Württemberg, 09.03.2022 - 12 S 336/22

    Streitwert im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die Feststellung des

    Der Streitwert für eine Anfechtungsklage gegen die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt eines Unionsbürgers nach § 6 FreizügG wird von der Rechtsprechung weit überwiegend mit dem Auffangwert in Höhe von 5.000,- EUR festgesetzt (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 28.03.2019 - 1 C 9.18 -, vom 01.06.2017 - 1 B 102.17 - und vom 11.09.2015 - 1 B 39.15-; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 08.01.2021 - 12 S 3853/20 - und vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 - Bayerischer VGH, Beschluss vom 08.04.2019 - 10 ZB 18.2284 -, jeweils juris).

    Die von dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofs, der in einem solchen Fall noch einen Streitwert in Höhe von 10.000,- EUR angenommen hatte (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 12.04.2018 - 11 S 428/18 -, juris, und vom 09.09.2016 - 11 S 1414/16 -, juris), wurde aufgegeben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris; das BVerwG hatte diese Auffassung ausweislich seines Beschlusses vom 01.06.2017 - 1 B 102.17 -, juris, ausdrücklich nicht geteilt).

  • VGH Baden-Württemberg, 02.03.2021 - 12 S 3587/20

    Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt (Freizügigkeitsrecht) in die/der

    Auch bei der Verlustfeststellung gilt bei der Prognose der Wiederholungsgefahr der gleitende Wahrscheinlichkeitsmaßstab, d.h. ein differenzierender, mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts; wegen der grundlegenden Bedeutung des Freizügigkeitsrechts aus Art. 21 AEUV und mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.12.2020 - 11 S 955/19 -, juris 87 f. m.w.N.).
  • VGH Bayern, 04.05.2023 - 19 ZB 22.1890

    Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung in einem ausländerrechtlichen

    Einer Aussetzungsentscheidung kommt - auch wenn Beschlüsse im Strafvollstreckungsverfahren nicht den gleichen Begründungsanforderungen unterliegen wie ein Strafurteil (BVerfG, B.v. 2.5.2002 - 2 BvR 613/02 - NJW 2002, 2773) - jedoch geringes Gewicht zu, wenn sie nicht oder nur rudimentär erkennen lässt, auf welcher Tatsachengrundlage sie beruht und im Wesentlichen mit nicht weiter substantiierten Wendungen begründet wird (OVG NRW, B.v. 14.8.2019 - 18 A 1127/16 - juris Rn. 27; VGH BW, U.v. 16.12.2020 - 11 S 955/19 - juris Rn. 83).
  • VG München, 12.10.2021 - M 4 K 19.2323

    Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit bei einem drogenabhängigen

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